Offener Brief an die Verantwortlichen der Stadt Baden-Baden
Aktualisiert: 6. März 2022
Missstände im "familienfreundlichen" Baden-Baden - Wir müssen reden!
In unserem geliebten Baden-Baden können wir uns in vielen Bereichen als gesegnet
betrachten. Zu erwähnen sind u.a. das Stadtbild mit den vielen Sehenswürdigkeiten
und kulturellen Errungenschaften, das ausgedehnte Erholungsgebiet, die Natur, in
der wir Kraft tanken, das wechselhafte Klima, das uns Spaß zu jeder Jahreszeit
ermöglicht.
Wir sind jedoch nicht perfekt. Es gibt eine Vielzahl von Themen, die uns beschäftigen
und womit wir uns auseinandersetzen, um das Leben für uns und künftige
Generationen noch lebenswerter zu machen.
So stehen beispielsweise Themen wie geschicktere Verkehrslösungen, das Stärken
des Einzelhandels, Belebung der Innenstadt und der Stadtgebiete,
Klimaschutzüberlegungen, bezahlbarer Wohnraum, Steigerung der Attraktivität für
junge Familien auf der Tagesordnung des politischen Geschehens. Diese sind
zweifellos wichtige Themen und werden durch die Krisen der aktuellen Zeit nicht
einfacher zu lösen sein.
Wenn Sie aber Familien fragen, was für sie am aller wichtigsten im Leben ist,
dann kommt an oberster Stelle das Wohlergehen unserer Kinder und
Enkelkinder.
Wir alle haben die schrecklichen Ereignisse bzgl. des schwierigen Themas
Kindsmissbrauch gesehen, bei denen Unglaubliches zu Tage getreten ist und über
die vielfach in den nationalen und lokalen Medien berichtet wurde. Obenauf steht
womöglich Bergisch Gladbach, aber auch Baden-Baden und Umgebung hatten in
der jüngsten Zeit ihre Fälle. Die Fälle und Thematik wurden daraufhin mit
Fachexpert:innen und hochrangigen Politiker:innen diskutiert, man fragt sich wie es
dazu kommen konnte.
Und dann – nach einiger Zeit der Aufregung – treten die Ereignisse für die
Nichtbetroffenen wieder in den Hintergrund. Man hat schließlich Besserung gelobt
und die Gemüter beruhigt.
Es waren „Einzelfälle“ – sie betreffen „uns“ nicht – irgendwer wird sich wohl darum
gekümmert haben. So habe ich mich auch verhalten und darauf verlassen, dass
Änderungen veranlasst werden.
Neben den spektakulären Fällen von Kindsmissbrauch gibt es auch eine sehr hohe
Anzahl an – salopp ausgedrückt – weniger medial-interessenwürdiger Fälle, womit
wir nicht alltäglich konfrontiert werden, die aber tatsächlich da sind.
Gewalt gegen Kinder äußert sich nicht immer durch sexuelle Misshandlung und
Gewalt, sondern auch durch körperliche, psychologische und emotionale Taten.
Diese sind für die Betroffenen eine Katastrophe und führen in vielen Fällen zu
langfristigen Traumata, die nicht wieder gut zu machen sind.
Einige sehr große respektable Institutionen in Deutschland haben damit begonnen,
die systematischen Fehler aus ihrer Vergangenheit, die durch ihre Strukturen
gedeckt und begünstigt waren, zunächst zu erkennen, dann einzugestehen, und
schließlich aufzuarbeiten. Andere haben diesen Schritt noch vor sich.
Die Jugendämter scheinen über Befugnisse zu verfügen, die weit über die der
Justizbehörden hinausgehen. Zahlreiche glaubhafte Beispiele lassen sich schnell in
den sozialen Medien finden. Befragungen von Kindern durch Amtsträger ohne
Beisein von Vertrauenspersonen oder neutralen, qualifizierten
Kinderpsycholog:innen, Drohungen seitens der JA-Sachbearbeiter:innen – mittelbar
und unmittelbar – dass das Sorgerecht entzogen wird, wenn man sich nicht gefügig
verhält, Inobhutnahmen von Kindern (Wegnahme aus ihren gewohnten
Umgebungen, in denen sie sich wohlfinden) für 48 Stunden, ohne dass den
Sorgeberechtigten mitgeteilt wird, wo sie sich aufhalten sind dabei nur einige
Beispiele. Diese Vorgehensweise wird sogar in vielen Fällen von den
Familiengerichten ohne sorgfältige Prüfung der Sachlage unterstützt. Es wird sich auf
das Urteilsvermögen und die vermeintliche „Expertise“ der JA-Sachbearbeiter:innen
verlassen.
Wie kann es trotz dieser Befugnisse immer wieder zu solchen Fällen kommen?
Warum passiert denn scheinbar nichts? Warum passieren immer wieder die gleichen
Fehler?
Die Antwort ist simpel, wenn auch vielleicht für viele überraschend. Die Jugendämter
unterstehen keinem Ministerium, die Zuständigkeit liegt weder auf Bundes- noch auf
Landesebene. Vielmehr liegen die Aufsicht und die Verantwortung für die
Verwaltung, die Vorgehensweise, sowie die Handhabung der Jugendämter auf
kommunaler Ebene. In sehr vielen Fällen bei den städtischen Bürgermeisterämtern –
so auch in Baden-Baden. So ist es auch vermutlich zu verstehen, dass viele
Betreuungsmodelle und Vorgehensweisen aus einigen vermeintlichen
fortschrittlichen Kommunen entstanden sind. Darunter beispielsweise das aus vielen
Ansichten „gescheiterte“ Modell des sogenannten „Tübingerweg.“ Diese Modelle
hören sich gut an, bzw. lesen sich gut. In der Praxis hat sich jedoch herausgestellt,
dass sie selbst zu unerträglichem Leid von zahlreichen Betroffenen – sowohl Kindern
als auch Familienangehörigen – geführt haben und weiterhin führen.
Als oberste Maxime scheint zu gelten, dass Kinder nach einer Trennung der Eltern
Kontakt zu beiden Elternteilen haben MÜSSEN. Es wird aktiv darauf hingearbeitet,
auch wenn triftige Gegenargumente vorhanden sind. Dies entspricht auch der
Vorgehensweise des Jugendamts Baden-Baden. Die Idee dahinter ist, dass es im
Sinne des Kindeswohls sei, wenn Kontakt auf jeden Fall stattfindet. Dies ist aber
mitnichten der Fall.
Wenn ein Elternteil seinem Kind körperlich, psychologisch, seelisch oder
emotional schadet, dann hat dieser Elternteil sein Recht auf Kontakt verwirkt.
PUNKT!
Jeder Elternteil mit dem Wohl seines Kindes im Auge stimmt diesem Punkt sofort zu.
Diese Modelle führen nicht zu ihrem erklärten Ziel, das Kindeswohl abzusichern,
sondern erreichen vielfach das Gegenteil und verursachen unermessliches Leid bei
den betroffenen Kindern und deren Angehörenden. Einschätzungen von
Fachexpert:innen, sowie Aussagen von Eltern und aus dem Netzwerk des Umfelds
der Kinder werden von den JA-Mitarbeiter:innen oftmals ignoriert und zur Akte gelegt.
In vielen Fällen werden solche Informationen allerdings aktiv und bewusst von den
JA-Mitarbeiter:innen als Beleg für eine sogenannte „Bindungsintoleranz“ oder
bewusste Manipulation eines Elternteils interpretiert. Frei nach dem Motto: Es kann
nicht wahr sein, was nicht sein darf. Anstatt diesen Hinweisen nachzugehen und
Lösungswege zu finden, verhärten sich die Fronten gegen den einen oder anderen
Elternteil. Und dann geraten diese Personen ins Ziel der JA-Mitarbeiter:innen. Das
Ergebnis sind Fehlentscheidungen von JA-Sachbearbeiter:innen, die zu mittelbaren
Schaden von Kindern führen, deren eigentliche Aufgabe es ist zu schützen.
Als weitere Begründung für das Scheitern dieser „Experimente“ ist bei den
Jugendämtern auch das Fehlen von geeigneten transparenten und
nachvollziehbaren Prozessen zu nennen. Die derzeitigen Prozesse sind ungenügend
bis mangelhaft ausgestaltet. Die Organisationsstrukturen, die dafür sorgen sollen,
dass standardisierte Prozesse vorhanden sind, dass Entscheidungen transparent,
nachvollziehbar und von einer kompetenten Kontrollinstanz genehmigt werden, sind
entweder nicht gegeben, oder im besten Falle greifen sie „nur“ nicht richtig.
Familiengerichte folgen oftmals „blind“ der Beurteilung der JA-Mitarbeiter:innen. Lob
gilt den Richtern und Richterinnen, die die Zeit und Mühe auf sich nehmen, um sich
ein persönliches Bild vom Kind zu machen, auch wenn die Methoden in der
modernen Zeit nicht als vorbildlich betrachtet werden können.
Es gibt bereits wesentlich fortschrittlichere Ansätze für die Regelung des
Betreuungsmodells. Hierbei sind insbesondere u.a. „Signs of Safety“ und der
„Biberacher Ansatz“ hervorzuheben – diese setzen im Gegenteil zu anderen
bisherigen Modellen auf ein intensives Mitwirken des Kindes und einer
Berücksichtigung dessen Willen. Auch diese Modelle benötigen allerdings eine
strukturelle Reform bei den Jugendämtern, wenn sie erfolgreich sein sollen. Die
Sachbearbeitung in den Jugendämtern benötigt klare Vorgehensweisen, kompetente
Entscheidungs- und Kontrollinstanzen. Letztendlich ist dies auch für die JA-
Mitarbeiter:innen wichtig – denen kann unterstellt werden, dass sie diesen Beruf
nicht ausgewählt haben, um Familien zu quälen, sondern um ihnen und den Kindern
zu helfen.
Darüber hinaus sind unabhängige Ombudsstellen unerlässlich, damit strittige
Entscheidungen – die es weiterhin immer geben wird – schnell und unparteiisch
beschieden werden können.
Kurzum, ein Umdenken ist sofort erforderlich, bevor die nächste Fehlentscheidung ihr
Unwohl verrichten kann.
Wir bitten Sie um Ihre Unterstützung.
Wir fordern Sie auf, dieses Thema hoch auf Ihre politische Agenda zu setzen – da,
wo es hingehört, an erster Stelle.
Wir bitten um Ihre verbindliche Stellungnahme, dass Sie zu einer externen Prüfung
(Audit) der Vorgehensweise und die Strukturen des Jugendamtes Baden-Baden
stehen und diese durchführen.
Wollen Sie tatsächlich für ein familienfreundliches Baden-Baden stehen, müssen Sie
jetzt handeln!
Als Person mit der Position und Macht die fehleranfälligen Prozesse in der Arbeit des
Jugendamtes zu korrigieren sind Sie entweder Teil der Lösung oder Teil des
Problems. Entscheiden Sie sich!
